Verzichten Sie auf Provisionen! – Alternativen zu Kontrolle und Motivation

Warum sind Provisionen und Boni so verbreitet?

Die kurze Antwort lautet meist: weil sie (zunächst) funktionieren. Theoretisch formuliert wirken monetäre Anreize wie positive Verstärker, d.h. sie belohnen gewünschtes Verhalten, wie z.B. eine bestimmte Leistung. Unerwünschtes Verhalten dagegen wird „bestraft“, indem die Belohnung ausbleibt. Deshalb stellen sich zunächst positive Effekte ein wenn erwünschtes Verhalten verprovisioniert wird. Durch monetäre Anreize sollen die Ziele des Mitarbeiters mit den Unternehmenszielen übereingebracht werden.

Der Ansatz, erwünschtes Verhalten zu belohnen ist nicht neu und in der Kindererziehung oder Tierdressur seit womöglich Jahrtausenden etabliert.

Durch den Ansatz der Goal-Setting-Theorie oder der operanten Konditionierung zum Beispiel kann auch leicht gezeigt werden, dass die grundsätzliche Mechanik hinter Belohnungen sehr gut verstanden wird. Allerdings ist der Kontext im wirtschaftlichen Umfeld wesentlich komplexer. Es ist also ein großer Unterschied ob ein Nagetier einen Hebel drücken oder ein Mitarbeiter in der Produktion weniger Ausschuß verursachen soll. Und um genau diese Nebengeräusche geht es.

Welche Probleme können durch Boni entstehen?

Neben den zunächst wünschenswerten Folgen von Belohnungen besteht die Gefahr eine ganze Reihe unerwünschter Folgen nach sich zu ziehen, exemplarisch sollen hier nur ein paar genannt werden:

Bleibt die Belohung aus, wird dies als (subjektiver) Verlust erlebt, d.h. der Mitarbeiter hat nicht das Gefühl keine Belohnung bekommen zu haben, sondern etwas verloren zu haben, was hochgradig demotivierend wirkt.  Menschen haben eine große Verlustaversion, was bedeutet, dass z.B. ein Verlust von 50,00 EUR mehr weh tut, als ein Gewinn von 100,00 EUR Freude stiftet. Die Erklärung hierfür liefert die mit dem Nobelpreis ausgezeichnete prospect theory.

Durch Fokussierung auf Provision und Boni bleiben andere Verhaltensweisen im Hintergrund. Dazu können altruistische, unterstützende oder soziale Handlungen ausbleiben. Wenn diese Wettbewerbsorientierung Einzug hält in die Unternehmenskultur entstehen womöglich Zielkonflikte zur Teamorientierung und zur gemeinschaftlichen Ausrichtung entlang der den Individualzielen übergeordneten Unternehmenszielen.

Und der womöglich wichtigste Punkt: Belohnen Sie einen motivierten Mitarbeiter, können Sie dessen Motivation dadurch zerstören. Hat zum Beispiel Ihr Mitarbeiter Freude daran seine Arbeit gewissenhaft zu erledigen und erhält dafür eine Belohnung, dann wird seine in ihm liegende „intrinsische“ Motivation sinken. Er wird dann grundsätzlich dafür eine Belohnung wollen und auf kurz oder lang seine innere Motivation „externalisieren“, d.h. nach aussen verlagern. Vorhersagen dazu liefert der Korrumpierungseffekt.

Welche Alternativen bieten sich an?

Wenn man die Absichten, welche hinter den Belohnungen steht auf zwei zentrale Themen verdichtet landet man zumeist bei den zwei Begriffen Kontrolle und Motivation. Und dafür stehen deutlich nachhaltigere Konzepte zur Verfügung.

Vertrauen als Vermögenswert

Vertrauen Sie den Mitarbeitern nicht, müssen Sie sie kontrollieren, dafür benötigen Sie Zeit, Kontrollmechanismen und Strukturen. Das lässt die Bürokratie wachsen und kostet Geld. Der entscheidende Nachteil ist allerdings das Echo in der Unternehmenskultur: Innovationen, progressive Ideen und vieles mehr entsteht in Freiräumen, die durch fehlendes Vertrauen erst gar nicht entstehen. Nicht umsonst forcieren Unternehmen wie Google diese Freiräume (siehe z.B. Googles 20% Time off).

Kontrolle kostet.

Damit motivieren Sie die Mitarbeiter und benötigen weniger Kontrolle. Wie Vertrauen im einzelnen etabliert werden kann ist aus Platzgründen nicht Bestandteil dieses kleinen Blogartikels. Für weitere Informationen können Sie mich gerne kontaktieren.

Motivieren Sie Ihre Mitarbeiter nachhaltig

Nachhaltige Motivation ist nun wie oben beschrieben nicht käuflich. Was also motiviert die Mitarbeiter? Hier kann es sich lohnen auf bestehende Konzepte zu verweisen. Natürlich ist es hier nicht möglich alle gängigen Motivationskonzepte darzustellen, dennoch soll auf ein vielversprechendes verwiesen werden, das Job-Characteristics-Modell. Dieses Modell ist eine vielversprechende Antwort auf die Frage, wie Arbeit gestaltet sein muss, um die intrinsische Motivation anzusprechen.

Job-Characteristics-Modell nach Oldham und Hackman

 

 

 

 

 

 

 

 

Es gibt diesem Modell folgend also fünf Faktoren, von welchen die Motivation der Mitarbeiter abhängt. Sie haben also fünf Felder, auf denen sich Chancen bieten:

  1. Vielfalt der Aufgaben – Eventuell können Ihre Mitarbeiter durch verschiedene Bereiche „rotieren“? Können Sie Aufgaben anreichern und damit auch Vertrauen (siehe oben) zeigen, indem Sie z.B. Ihren Koch Menüs planen lassen?
  2. Aufgabengeschlossenheit – Es motiviert nachweislich, wenn die zu erledigenden Aufgaben als geschlossen erlebt werden. Versuchen Sie die delegierten Arbeiten geschlossen zu gestalten, indem Sie z.B. den Kundenberater im Textileinzelhandel auf abkassieren zu lassen.
  3. Bedeutsamkeit der Arbeitsaufgaben – Sie können dort enorm motivieren, wenn Sie die Aufgabe des Mitarbeiters in einem Gesamtkontext bringen und die Bedeutung herausstellen, indem Sie z.B. Ihrem Disponenten sagen, „Ihre Wareneingangskontrolle Grundlage für den Warenfluß, ohne den würde hier nichts mehr laufen“.
  4. Autonomie (Freiraum bei der Bewältigung der Aufgaben) – Möglichst viel Freiraum zur Zielerreichung motiviert hier und profititiert vom Know-How der Mitarbeiter. Dies erreichen Sie z.B. indem Sie Ihre Arzthelferin selber die Termine einplanen und organisieren lassen.
  5. Rückmeldung aus der Tätigkeit selbst – Erhält der Mitarbeiter ein Feedback? Sie könnten z.B. Ihrem Verwaltungsangestellten die für seine Arbeit relevanten Kennzahlen aus Ihrer ERP-Software zur Verfügung stellen.

Fazit zum take-away: Provisionen, Zuschüsse und Boni zielen darauf ab Motivation zu erkaufen und das Verhalten zu kontrollieren. Dies birgt allerdings die Gefahr eine Wettbewerbsorientierung mit Fokus auf Belohnung ins Unternehmen einzuschleusen und vorhandene „intrinsische Motivation“ zu zerstören. Vielversprechender sind Ansätze wie ein Vertrauensvorschuß, welcher stückweise wachsen muss, sowie die Beachtung nachhaltiger Motivationsmodelle wie z.B. dem Job-Characteristics-Model von Oldham und Hackman.

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